GeFühle fetzen

Ich bin nicht gut genug


Jens

15 Jahre – ist nicht gut genug


«Dabei ist es nicht so, dass ich mich nicht anstrengen würde. Nachmittage lang sitze ich am Schreibtisch.»

Ich hasse diesen Moment. Diesen Moment, wenn der Lehrer herumgeht und die korrigierten Klassenarbeiten austeilt. Ich habe jedes Mal das Gefühl, die ganze Klasse kann sehen, was bei mir draufsteht. „Ich hab eine Zwei“ – „Ich auch“, sagen die anderen dann. Bei mir ist es mit Glück eine Vier. Ich bin schon gut dran, wenn ich nicht wieder anfange zu heulen. Ich bin einfach nicht gut genug.

Dabei ist es nicht so, dass ich mich nicht anstrengen würde. Nachmittage lang sitze ich am Schreibtisch. Wenn die nächste Arbeit ansteht, ist für Tage nichts außer Lernen angesagt. Lernen, mies drauf sein, heulen. Vor meiner Mutter verstecke ich mich dann oft, weil ich glaube, dass sie mehr von mir erwartet. Dabei hänge ich mich echt rein.

Es ist nur nicht so einfach, sich wirklich anzustrengen. Ununterbrochen bin ich damit beschäftigt, mich zu fragen, ob ich überhaupt etwas zustande bringe. Meistens nützt ja doch alles nichts. Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich schon wieder eine Stunde nur auf das Buch geschaut habe, ohne die Buchstaben zu erkennen.

Ohnehin traue ich mich kaum, mich im Unterricht zu melden. Wenn ich meine Hausaufgaben laut vorlesen soll, möchte ich am liebsten im Boden versinken. Das Schlimmste ist, wenn ich in Mathe an der Tafel etwas vorrechnen soll. „Komm, versuch’s doch mal“, sagt Herr Bertram. Versuche nicht zu heulen, nicht zu sterben, denke ich. Was, wenn alle mich auslachen? Nicht selten komme ich mir vor wie der letzte Idiot. Und dann auch noch der Stress mit meinen Eltern …

Wieso ist diese Schule für alle so einfach, nur nicht für mich? Wieso haben die anderen so viel Zeit, draußen zu sein oder Computer zu zocken und sind trotzdem so viel besser?

Sören und Robert sind in der Stunde immer dabei, Papierflieger zu basteln oder Zettelchen zu schreiben. Ich muss mir Mühe geben, zuzuhören. Denn sonst sitze ich wieder zu Hause und weiß nicht, worum es geht. Aber das ist wahrscheinlich sowieso so. Ich hab’s einfach nicht drauf.

Mutter

Vor meiner Mutter verstecke ich mich dann oft, weil ich glaube, dass sie mehr von mir erwartet. Dabei hänge ich mich echt rein.

Jens, du hast Recht. Ich erwarte oft mehr von dir. Vielleicht ist das nicht fair. Oft sehe ich nur auf deine Noten und habe zu wenig Zeit für dich, um zu merken, wie sehr du dich anstrengst. Und darauf kommt es doch an. Wer sich anstrengt, kann mit sich zufrieden sein – egal welche Zensur am Ende dabei herauskommt. Leider vergesse ich das selbst viel zu oft.

Sören, Freund

Sören und Robert sind in der Stunde immer dabei, Papierflieger zu basteln oder Zettelchen zu schreiben. Ich muss mir Mühe geben, zuzuhören. Denn sonst sitze ich wieder zu Hause und weiß nicht, worum es geht. Aber das ist wahrscheinlich sowieso so. Ich hab’s einfach nicht drauf.

Ich wusste gar nicht, dass es dir so schlecht geht! Es ist doch egal, wie deine Noten sind. Es gibt doch andere Sachen, die wichtig sind – nicht nur die Schulnoten. Du kannst zum Beispiel viel besser Volleyball spielen als ich – darum beneide ich dich! Jeder kann halt was anderes gut. Und wenn ich dir irgendwie bei dem Schulkram helfen kann, gib Bescheid!

Thomas B., Psychotherapeut

Ohnehin traue ich mich kaum, mich im Unterricht zu melden. Wenn ich meine Hausaufgaben laut vorlesen soll, möchte ich am liebsten im Boden versinken.

Das klingt so, als hättest du gar kein Zutrauen mehr in dich und würdest vor lauter Angst, wieder etwas nicht zu können oder einen Fehler zu machen, gar nicht mehr klar denken können. Um genau herauszufinden, was die Ursache für deine Schulprobleme und deine Lernschwierigkeiten ist, könnte es auch hilfreich sein, sich an eine Beratungsstelle oder den Schulpsychologischen Dienst zu wenden. Wenn man einmal weiß, was die Ursache ist, kann man dich auch viel besser unterstützen.

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