«Ich hab alles durchgeplant und überlasse nichts dem Zufall: Training und nichts essen.»
Vor Kurzem hat mich einer meiner Lehrer angesprochen nach einer Klausur. Er mache sich Sorgen, ich sei abwesend und sehe blass aus. Meine Noten sind zugegeben auch nicht besser geworden. Er dachte allen Ernstes, dass ich Drogen nehme. Ob ich mal zur Suchtprophylaxe gehen wolle. Wenn der wüsste!
Ich mache Training mit Diät. Das ist halt anstrengend. Muss es ja auch, wenn man was erreichen will.
Wahrscheinlich sah ich einfach müde aus, weil Tomatenwoche war. Da gibt’s dann halt pro Tag eine mittelgroße Tomate, dazu ein Knäckebrot ohne Butter, ganz wenig Salz drüber – denn davon lagert man Wasser ein im Fett und das gibt Dellen und sieht hässlich aus. Meine Maße sind 85-60-92. Eindeutig zu viel. Und ich wiege 52 Kilo.
Dreimal die Woche gehe ich zum Training, danach mache ich noch Übungen zu Hause, mit Musik. Morgens, nach dem Aufstehen, trinke ich zwei Flaschen Wasser, um den Magen zu füllen.
Eigentlich müsste ich fit wie ein Turnschuh sein. Aber meistens schwankt mein Gemütszustand zwischen stiller Angst, Trauer, Depri. Nach außen gebe ich mich normal: funktioniere, gehe zur Schule, zum Sport, bin nett zu den Eltern, habe Freunde. Wenn wir abends ausgehen, vermeide ich Essen und Alkohol.
Klamotten einkaufen mit Freundinnen – für mich ist das eine Qual. So topmodelmäßig in eine 32er Jeans passen, das wär’s. Aber davon bin ich noch meilenweit entfernt.
Ich höre oft, dass ich abgenommen habe. Finde ich zwar nicht, aber es tut trotzdem gut zu hören. Die Freundinnen, die mich um meine Figur beneiden, sind auch die, die nach einer Party Pommes essen würden. Selber schuld, denke ich da.
Selbst ich bin noch viel zu dick. Doch das ändert sich jetzt alles. Ich hab alles durchgeplant und überlasse nichts dem Zufall: Training und nichts essen.
Trotzdem stehe ich nach dem Baden vor dem Spiegel und denke: Es gibt einfach nichts Schönes an mir. Ich gefalle mir überhaupt nicht!